Die Österreichische Jugendpolitik hat bereits in der ersten Hälfte der 1990er Jahre auf die öffentliche, mediale und wissenschaftliche Diskussion rund um den Themenkomplex "Computerspiele und Jugendschutz" mit der Entwicklung einer Strategie der Positivprädikatisierung reagiert. Der Weg von der Idee einer Strategie der Positivprädikatisierung bis zur Einrichtung der Bundesstelle war ein langer und wurde bewusst mit Bedacht beschritten.
Von der Idee…
Im Jahre 1994 lud die Abteilung „Jugendpolitik“ des damals zuständigen Bundesministeriums für Umwelt, Jugend und Familie Expertinnen und Experten aus Forschung und Praxis zu einer Fachtagung „Jugend und Computer“. Hinsichtlich des Aspektes der digitalen Spiele, die sich damals bereits einer großen Beliebtheit bei Kindern und Jugendlichen erfreuten, wurde ein gemeinsames Verständnis festgestellt, dass Maßnahmen der Politik und Pädagogik erforderlich seien. Hauptmotivation für diesen Aufruf zur Aktion war der Inhalt einiger Spiele, der zumindest als potentiell problematisch angesehen wurde. So hatte erst kurz zuvor, im Jänner 1994, die in Deutschland ausgesprochene Beschlagnahmung des Spiels „Wolfenstein 3D“ zu einer breiten Berichterstattung über das Thema in den Medien geführt.
Die Expertinnen und Experten der österreichischen Tagung „Jugend und Computer“ diskutierten daher eingehend die Konzepte der deutschen „Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Schriften“ (heute: „… jugendgefährdende Medien“) und der „USK“, der freiwilligen „Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle“ der deutschen Computerspiele-Industrie, im Vergleich mit anderen vorstellbaren Strategien. Da digitale Spiele nur eines von mehreren Themen der Tagung darstellten, wurde hierzu keine abschließende Stellungnahme ausgesprochen, wohl aber ausdrücklich angeraten, Empfehlungslisten und die Beratung und Unterstützung von Eltern und Pädagoginnen sowie Pädagogen zu bevorzugen.
…über die ersten Maßnahmen…
Das österreichische Jugendministerium hat in weiterer Folge und auf Grundlage der Empfehlungen der Fachtagung entschieden, den Fokus auf die Strategien der Positivprädikatisierung und der Medienkompetenzförderung zu legen und diese systematisch weiterzuverfolgen. Anstatt einer Verschärfung von Gesetzen oder dem Führen von „schwarzen Listen“ wurden zunächst Initiativen unterstützt, welche Empfehlungslisten für digitale Spiele herausgaben. Allen voran war dies der Verein „ACOS“ (Arbeitsgemeinschaft Computer und Spiel) mit Sitz in Linz, der bereits in diesem Sinne mit der oberösterreichischen Landesregierung zusammenarbeitete.
Ermutigt durch die positiven Erfahrungen mit dieser Strategie entschlossen sich die Verantwortlichen im österreichischen Jugendministerium, an einem weiteren Ausbau und vor allem einer breitere und wissenschaftlich fundierten Basis der Positivprädikatisierung zu arbeiten. Grundlagen dafür sollte zunächst eine Machbarkeitsstudie liefern, mit der im Jahr 2002 Jürgen Maaß, Professor für Didaktik der Mathematik an der Johannes-Kepler-Universität Linz sowie Gründungsmitglied und Obmann des Vereins ACOS, vom Jugendministerium und dem Bildungsministerium gemeinsam beauftragt wurde.
Nachdem die Machbarkeitsstudie nicht nur organisatorische und strukturelle Anhaltspunkte für die Ausformung einer öffentlichen Stelle für die Positivprädikatisierung von Computerspielen geliefert hatte, sondern auch die grundsätzliche Akzeptanz einer derartigen Einrichtung bei der Industrie und dem Handel evaluiert und bejaht hatte, interessierte nun die Sicht jener Konsumentinnen und Konsumenten, die als Zielgruppe angesprochen werden sollten. Im Frühjahr 2003 wurde daher Christian Hofer, vom Institut für angewandte Marktforschung an der Johannes Kepler Universität Linz, beauftragt, eine kleine Stichprobe von Eltern und anderen Erwachsenen, die für Kinder Computerspiele kaufen, zu befragen.
Zusammenfassend wurde deutlich, dass Eltern grundsätzlich an Informationen über die Spiele ihrer Kinder interessiert sind und bereit sind, am Spiel der Kinder Anteil zu nehmen. Die Studie zeigte auch eine deutliche Akzeptanz eines Positivprädikates für empfehlenswerte Computerspiele.
…zur Bundesstelle
Auf Grundlage der Ergebnisse dieser beiden Studien wurde Ende 2003 von der damaligen politischen Ressortleitung des österreichischen Jugendministeriums der zuständigen Fachabteilung der Dienstauftrag erteilt, die Einrichtung einer „Bundesstelle für die Positivprädikatisierung von Computer- und Konsolenspielen“ (kurz: BuPP) vorzubereiten. Ein Projektteam wurde zusammengestellt und nahm im Februar 2004 die Arbeit auf. Zunächst war es erforderlich, eine Grundlagen-Recherche betreffend Kriterien für die Bewertung von Computerspielen hinsichtlich spielerischer und pädagogischer Aspekte durchzuführen und die Ergebnisse für einen Kriterienkatalog zu operationalisieren. Parallel wurden Vorüberlegungen für ein Prüf- und Bewertungsverfahren angestellt. In einem wiederholten, iterativen Prozess wurden Prüfverfahren und Kriterienkatalog entwickelt, zusammengeführt, getestet, evaluiert und verbessert.
Nach mehreren Testläufen startete die BuPP im November 2005 den offiziellen Betrieb. Seither wird die Liste empfehlenswertere Spiele nahezu wöchentlich erweitert und auf der Website www.bupp.at veröffentlicht. Seit Gründung der BuPP haben sich sowohl der Spielemarkt, als auch die Bedürfnisse der Eltern erweitert, woraufhin die BuPP ihr Angebot 2013 ausgeweitet hat und nun auch Spiele für Handys, Smartphones und Tablets begutachtet.
Neben der laufenden Aktualisierung der Liste empfehlenswerter digitaler Spiele als primäre Aufgabe, hat die BuPP von Anfang an auch Hintergrundinformationen für Eltern, Pädagoginnen und Pädagogen wie auch für Jugendliche gesammelt, aufbereitet und angeboten. Damit soll eine objektive und vor allem effiziente Diskussion über Spiele ermöglicht werden um letztlich die individuellen Rahmenbedingungen des Spielens der einzelnen Kinder und Jugendlichen ins Zentrum der Aufmerksamkeit und der pädagogischen Bemühungen zu rücken.
Es war und ist das Anliegen der BuPP,
- einerseits Eltern zu motivieren, am Spielverhalten der Kinder Anteil zu nehmen,
- andererseits Fachkräften der Kinder- und Jugendarbeit sowie Pädagoginnen und Pädagogen die Möglichkeit zu geben, Computerspiele als Freizeitbeschäftigung von Kindern zu akzeptieren und qualifiziert medienpädagogische Konzepte in ihren Handlungsfeldern anzuwenden,
- und schließlich auch Kinder und Jugendliche selbst zu unterstützen und zu ermächtigen, Computerspiele als eine bereichernde Freizeitbeschäftigung nutzen und erleben zu können.